Führungsstile: Von traditionell bis modern
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Führungsstile im deutschen Mittelstand
Im Vergleich zu Großkonzernen herrscht in vielen KMU eine größere Nähe zwischen der Geschäftsführung und den Angestellten, die in einigen Fällen fast familiäre Züge annimmt. Für den wirtschaftlichen Erfolg ist gleichzeitig eine klare, respektvolle Führung nötig. Auch wenn sich beides nicht ausschließt, ist es in der Praxis manchmal schwer, die Balance zu finden. In diesem Ratgeber lernst du verschiedene Führungsstile kennen und kannst dir damit überlegen, wie eine gute Mischung aus Kollegialität und Autorität in deinem Unternehmen aussehen kann.
Die wichtigsten Führungsstile in der Übersicht
Bevor du dir Gedanken machen kannst, wie du deine Führungsrolle gestalten willst, brauchst du natürlich erst einmal grundlegende Informationen über verschiedene Arten der Personalführung. Am Anfang steht also die Frage: Welche Führungsstile gibt es überhaupt und wie wirken sie sich auf Arbeitsprozesse, Erfolgsaussichten und das allgemeine Betriebsklima aus?
Mit dem Voranschreiten der Industrialisierung wurden seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verschiedene Theorien zur Dynamik zwischen Vorgesetzten und Angestellten entwickelt und in diesem Rahmen auch erstmals verschiedene Führungsstile definiert.
Klassische Führungsstile nach Lewin und Weber
Besonders bedeutend für die Grundlagenforschung im Bereich der Führungsarten sind der Sozialpsychologe Kurt Lewin sowie der Soziologe und Nationalökonom Max Weber. Die von ihnen erarbeiteten Führungsstile dienen bis heute als Bezugspunkte für moderne Führungsarten. Aus diesem Grund findest du die entscheidenden Eigenschaften, Vor- und Nachteile im Detail in den beiden folgenden Tabellen aufgelistet.
Zunächst die Übersicht über die 3 Führungsstile nach Lewin. Seine schematische Unterteilung orientiert sich daran, wie viel Verantwortung und Entscheidungsgewalt die Führungskraft hat und wie viel Raum sie ihren Angestellten für Mitspracherecht und eigene Gestaltungsmöglichkeiten einräumt.
Führungsstil | Merkmale | Vorteile | Nachteile |
Autoritär | Starke Hierachie zwichen Vorgesetzen und Belegschaft Entscheidungsgewalt liegt allein bei der Führungskraft Angestellte führen Anweisungen aus | Klare Zuständigkeit und Aufgabenverteilung Schnelle Entscheidungsprozesse | Große Verantwortung (und ggf. auch Belastung) der Führungskraft Motivation und Zufriedenheit der Angestellten können sinken Kaum Raum für neue Perspektiven |
Kooperativ (Demokratisch) | Verantwortung liegt bei der Führungskraft, aber das Personal wird in Entscheidungen einbezogen Meinung und Kritik der Angestellten sind erwünscht Gemeinsame Entscheidungsfindung | Entlastung der Führungskraft Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeitenden steigen Gefühl der Zusammengehörigkeit Input für neue, kreative Lösungen | Mitunter lange Diskussionen und langsame Entscheidungsprozesse Durchsetzungsschwierig- keiten der Führungskraft |
Laissez-Faire | Führungskraft gibt Ziele und Aufgaben vor Umsetzung wird vom Personal selbst organisiert und durchgeführt Weitgehende Selbstbestimmung der Mitarbeitenden | Hohe Motivation und Zufriedenheit, wenn die Absprache im Team gut funktioniert Hohe Mitarbeiterbindung Entlastung der Führungskraft | Mangel an Orientierung und Koordination Ggf. unklar, bei wem die Verantwortung liegt Konflikte im Team bei ungünstiger Gruppendynamik |
Ähnlich ist das Modell von Max Weber aufgebaut, der allerdings vier Arten von Führungsstilen unterscheidet. Zudem liegt bei ihm der Fokus mehr auf Charakter und Persönlichkeit der Führungskraft.
Führungssil | Merkmale | Vorteile | Nachteile |
Autokratisch | Verantwortung und Entscheidungsgewalt liegen allein bei der Führungskraft Mitarbeitende werden nicht einbezogen, sondern erfüllen nur die ihnen zugeteilten Aufgaben | Klare Verantwortlichkeiten Schnelle Entscheidungen | Hohe Belastung der Führungskraft Mangelnde Motivation des Personals Persönliche Stärken werden nicht erkannt und gefördert Geringe Mitarbeiterbindung |
Patriarchalisch | Große Ähnlichkeit zum autokratischen Führungsstil Wohlwollende Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden Typisch für traditionelle, familiengeführte Betriebe | Verantwortung und Entscheidungsgewalt sind klar zugeteilt Schnelle Entscheidungen Loyalität der Mitarbeitenden zur vaterähnlichen Führungskraft (solange kein Machtmissbrauch stattfindet) | Wenig Eigeninitiative der Angestellten Gefahr der Stagnation, da bewährte Lösungen stets wiederholt werden und wenig Raum für Innovation und Kreativität bleibt (allerdings abhängig von der Führungskraft) |
Bürokratisch | Entscheidungsfindung, Aufgabenverteilung, Arbeitsabläufe werden durch feste Regeln und Strukturen vorgegeben, an die sich sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeitende halten müssen Führungsstil hängt nicht von Charakter oder Vorlieben der Führungskräfte ab Kommt oft bei zeitlich begrenzten Positionen vor (z. B. politische Ämter, Beamtenapparat etc.) | Personalwechsel wirken sich kaum auf Arbeitsabläufe aus Geringes Fehlerrisiko durch langfristige Prozessoptimierung | Fehlende Selbstbestimmung und Eigeninitiative für Führungskräfte und Personal Motivation und Leistungsbereitschaft können nachlassen Flexible Reaktion auf veränderte Bedingungen wird erschwert |
Charismatisch | Fokus auf Persönlichkeit der Führungskraft Führungskraft motiviert, begeistert, überzeugt die Mitarbeitenden Mitarbeitende haben Mitspracherecht und werden individuell gefördert | Wertschätzende, vertrauensvolle Beziehung zwischen Führungskraft und Angestellten Persönliche und fachliche Weiterentwicklung der Mitarbeitenden Hohe Mitarbeiterbindung Eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Arbeiten | Arbeitsabläufe und Stimmung im Team hängen von einer einzelnen Führungspersönlichkeit ab Wechsel der Führungskraft kann problematisch werden |
Moderne Führungsstile: Fokus auf der Belegschaft
Seit die ersten Führungsstile beschrieben wurden, haben sich sowohl die Gesellschaft als auch der Arbeitsalltag stark verändert. Eigenverantwortung, Mitbestimmung und Selbstverwirklichung spielen im Berufsleben mittlerweile eine große Rolle. Das wirkt sich natürlich auch auf das Führungsverhalten aus. Streng zielorientierte autoritäre und autokratische Führungsstile gehören meist der Vergangenheit an. Vielmehr gilt es, die Mitarbeitenden zu motivieren, entsprechend ihren Fähigkeiten zu fördern, an Entscheidungsprozessen zu beteiligen oder diese zumindest transparent zu machen. Auf der Basis der klassischen Führungsstile wurden deshalb verschiedene Arten moderner Führung entwickelt, bei denen der Fokus stärker als je zuvor auf den Mitarbeitenden liegt. Dazu gehören:
· Partizipative Führung nach Tannenbaum und Schmidt: Die Partizipation der Mitarbeitenden ist hier das entscheidende Kriterium für die Kategorisierung verschiedener Führungsstile – von autoritär (kaum Partizipation) bis kooperativ (hoher Grad an Partizipation).
· Gruppenbezogene Führung nach Rahn: Bei diesem Ansatz setzen Führungskräfte verschiedene Führungsstile gleichzeitig um. Wann welcher zum Einsatz kommt, orientiert sich an den individuellen Eigenschaften der jeweiligen Person. Das führt dazu, dass sie einigen Mitarbeitenden eher im Laissez-Faire-Stil begegnen, anderen hingegen eher kooperativ oder autoritär gegenübertreten. Das Ziel ist dabei immer die ausgeglichene Dynamik in einem Team, in dem sich alle Beteiligten gesehen und bestmöglich unterstützt fühlen.
· Richtungsbezogene Führung nach Bake und Mouton: In diesem Modell werden verschiedene Führungsstile danach unterschieden, ob sie eher auf die Erfüllung von Aufgaben (aufgabenorientiert) oder den Aufbau von guten Beziehungen in einem Team (beziehungsorientiert) abzielen.
Besonders einflussreich unter den modernen Führungstheorien war und ist das Full-Range-Leadership-Modell (FRLM). Es wurde in den 1990er Jahren von den Psychologen Avolio und Bass entwickelt und in den frühen 2000er Jahren von Antonakis und House erweitert. Ausgangspunkt war die Feststellung, dass eine Laissez-Faire-Führung auf Dauer wenig erfolgreich ist, weil die Führungskraft weder Verantwortung übernimmt noch Entscheidungen fällt, wodurch es den Mitarbeitenden an Orientierung fehlt. Im Zweifelsfall steht die Frage im Raum, wozu überhaupt eine Führungskraft nötig ist. Als Alternative stellen Avolio und Bass die transformationale und die transaktionale Führung vor.
· Transaktionale Führung: Der Fokus liegt auf der Transaktion zwischen Mitarbeitenden und der Führungsperson. Es findet ein Austausch von Leistung, Kenntnissen und Fertigkeiten gegen eine zuvor festgelegte Entlohnung statt. Das kann neben der Gehaltszahlung auch ein zusätzlicher Bonus für ein Übertreffen der Zielvorgaben sein. Mangelnde Leistungen führen hingegen zu ebenfalls klar festgelegten Sanktionen.
· Transformationale Führung: Der Fokus liegt auf Weiterentwicklung und Förderung der Angestellten. An die Stelle messbarer Zielvorgaben tritt hier die langfristige Unterstützung der Mitarbeitenden, damit diese ihr individuelles Potenzial erkennen und voll ausschöpfen können. Die Idee dahinter ist, dass dadurch Selbstvertrauen und Zufriedenheit steigen, was letztendlich bessere Arbeitsergebnisse und innovative Lösungsansätze mit sich bringt.
· Instrumentelle Führung: Diese Ergänzung von Antonakis und House schafft die Verbindung von transaktional und transformational, indem die Führungskraft die strategische Erreichung der Unternehmensziele mit der Förderung der Mitarbeitenden vereint.
Vorherrschende Führungsstile im Mittelstand
Im Vergleich zu großen Konzernen ist das Verhältnis von Angestellten und Führungskräften in kleinen und mittelständischen Unternehmen zwangsläufig näher. Je kleiner das Unternehmen, umso häufiger verschwimmen die Grenzen zwischen Führung und Zusammenarbeit. So ist es im Handwerk oder in kleinen gastronomischen Einrichtungen durchaus üblich, dass die Vorgesetzten nicht nur organisieren und anweisen, sondern auch an verschiedenen Aufgaben aktiv mitarbeiten. Abhängig vom Charakter der Führungsperson kann sich das in einem recht autoritären Führungsverhalten mit übertriebenem Micromanagement oder aber in einem sehr demokratischen Miteinander äußern.
Führungskräfte stehen hier vor der Herausforderung, eine gute Beziehung zu ihren Mitarbeitenden aufzubauen und gleichzeitig die wirtschaftlichen Interessen des Betriebs zu verfolgen. Ein Spagat, der in der Praxis wohl am besten mit einer Mischung aus gruppen- und richtungsspezifischer Führung oder der instrumentellen Führung des Full-Range-Leadership-Modells erreicht wird.
Unterstützend wirkt außerdem eine moderne Unternehmenskultur, die den Mitarbeitenden über gemeinsame Werte ein Zugehörigkeitsgefühl vermittelt und in der die Hintergründe für wichtige Entscheidungen auf allen Ebenen transparent kommuniziert werden. Ein hoher Grad an Identifikation mit dem Unternehmen und die Kommunikation auf Augenhöhe stärken das Vertrauen der Mitarbeitenden in ihre Vorgesetzten – eine Grundvoraussetzung, die gute Führung überhaupt erst ermöglicht.
Das bestätigen auch Studien und Meinungsumfragen wie die der Beratungsfirma Gallup, die 10.000 Angestellte nach dem Einfluss bestimmter Führungsqualitäten fragten. Dabei kam heraus, dass 50 Prozent der Befragten engagiert arbeiten, wenn sie der Führungskraft vertrauen. Fehlt dieses Vertrauen, sind es gerade einmal acht Prozent.[ML1] Besonders ernüchternd ist diese Erkenntnis vor dem Hintergrund des aktuellen Gallup Engagement Index für Deutschland[ML2] . Dieser hat nämlich ergeben, dass nur neun Prozent aller Mitarbeitenden eine hohe emotionale Bindung an ihren derzeitigen Arbeitgeber haben.
Aktuelle und zukünftige Herausforderungen für die Führung von KMU
In Unternehmen jeder Größe und Branche wirken sich die Bedingungen der modernen Arbeitswelt auf das Führungsverhalten aus. Beispiele aus der Praxis und Umfrageergebnisse zeigen, dass es für Unternehmen immer wichtiger wird, im Kampf um die besten Talente eine attraktive Arbeitsumgebung mit individuellen Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten.
Dadurch gewinnen Themen wie Retention Management oder Diversity, Equity and Inclusion (DEI) immer mehr an Bedeutung. Angestellte wollen in ihren Fähigkeiten, ihrem Potenzial und ihren individuellen Lebensumständen von ihrem Arbeitgeber gesehen und unterstützt werden. Das mag schon immer der Fall gewesen sein, doch sind sie aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels nun auch in der Position, das einzufordern.
Während große Unternehmen mit einer gut besetzten HR-Abteilung und den notwendigen finanziellen Mitteln vergleichsweise leicht auf diese Veränderungen reagieren können, fällt es KMU oft deutlich schwerer, weil ihre Ressourcen begrenzt sind. Um in Zukunft konkurrenzfähig und damit auch wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben, ist eine Investition in die Führungskräfteentwicklung sowie die Modernisierung von Personal- und Managementprozessen jedoch unvermeidbar.
Besonders dringlich wird das, weil mit der zunehmenden Digitalisierung weitere Herausforderungen auf KMU und insbesondere die Führungspersonen zukommen. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Studien des Instituts für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ), aus denen sich verschiedene Grundideen ableiten lassen:
· Erfolgreiche Führungsstile in einem digitalen Arbeitsumfeld stellen Beziehungsarbeit, individuelle Förderung und Selbstwirksamkeit der Angestellten in den Vordergrund.
· Grundsätze wie eine positive Fehlerkultur, offene Kommunikation sowie Kooperation anstatt Delegation fördern persönliche Kontakte und stärken die Bindung an das Unternehmen.
· Schnelle Veränderungen in Geschäftswelt und Gesellschaft erfordern eine agile Führung, die nicht an starren Strukturen festhält.
· Führungskräfte müssen Wege finden, mit Besonderheiten der digitalen Arbeitswelt umzugehen, z. B. Remote Leadership, um Mitarbeitende im Home-Office oder vollständig ortsunabhängig arbeitende Angestellte in ein Team zu integrieren.
Moderne, zukunftsfähige Führung etablieren
Es ist wichtig, dass sich KMU so früh wie möglich auf die Änderungen einstellen, ihre Strukturen prüfen und alle Personen mit Führungsverantwortung auf ihre Rolle in einer modernen, digitalen Arbeitswelt vorbereiten. Die konkrete Umsetzung hängt natürlich sehr vom jeweiligen Unternehmen ab, schematisch kann sie jedoch in folgenden Schritten erfolgen:
1. Situation im Unternehmen erfassen und analysieren
2. Leitbild für die Führungskultur im Unternehmen entwickeln
3. Führungskräfte entsprechend schulen und weiterbilden
4. Offene Kritik- und Feedbackkultur einführen
5. Einstellungs- und Personalprozesse digitalisieren und an das Führungsideal anpassen
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