Positive Fehlerkultur: Definition und Tipps zum Aufbau

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Vier verbogene Nägel in einem Holzbrett. Über dem fünften geraden Nagel schwebt ein Hammer.

Fehlerkultur im deutschen Mittelstand: Gemeinsam aus Fehlern lernen


Habt ihr ein gutes Klima im Betrieb? Um diese Frage zu beantworten, solltest du dich mit der vorherrschenden Fehlerkultur beschäftigen. Denn die bestimmt maßgeblich, wie sehr sich Mitarbeitende wohlfühlen. Außerdem hat sie einen Einfluss darauf, wie ihr zusammenarbeitet und welche Meilensteine ihr erreicht. Wir erklären dir die Bedeutung einer Fehlerkultur im Unternehmen.

Fehlerkultur Definition: Was ist das?


Fehler passieren. Jeder macht sie und besonders, wenn du etwas zum allerersten Mal machst, ist es recht wahrscheinlich, dass du dabei etwas falsch machst. Das gilt auch für deine Mitarbeitenden. Die Frage ist, wie das Umfeld mit Fehlern umgeht. Lachen die anderen und suchen sie einen Schuldigen? Oder schaut das Team gemeinsam auf die Prozesse, sucht Lösungen und lernt daraus?


All das sind Teile einer Fehlerkultur – einer negativen oder positiven. Jede dieser Arten von Umgang ist Teil einer Kultur, die prägt, wie du und dein Team auf Fehler reagieren. Schon in der Schule lernst du eine Fehlerkultur kennen – und zwar meist eine, in der es nicht erlaubt ist, auch mal danebenzuliegen. Auch in jedem Unternehmen gibt es eine Fehlerkultur, die allerdings im besten Fall offen und positiv ist. Doch wie gelingt es dir, dorthin zu kommen?

Positive oder negative Fehlerkultur: Das sind die Unterschiede


Wenn du noch nie etwas von positiver oder negativer Fehlerkultur gehört hast, möchten wir dir einmal die Unterschiede vorstellen und erklären, welche Auswirkungen die jeweilige Art der Fehlerkultur haben kann. Außerdem hilft dir der Vergleich dabei, zu evaluieren, welche Fehlerkultur in deinem Unternehmen vorherrscht.

Reaktionen einer positiven und negativen Fehlerkultur
Positive Fehlerkultur Negative Fehlerkultur
Reaktion
  • Mitarbeitende wertschätzen Fehler als Chance, dazuzulernen
  • Fehler werden positiv und ausführlich besprochen
  • Gemeinsame Suche nach der Ursache
  • Fehler werden als Möglichkeit gesehen, Neues zu entdecken und zu erarbeiten
  • Mitarbeitende lachen einander aus
  • Fehler werden einander immer wieder unter die Nase gerieben
  • Es wird eine “schuldige” Person gesucht
  • Konsequenzen werden angedroht, z. B. Entlassung, Entzug wichtiger Projekte, Aussetzen einer geplanten Gehaltserhöhung
Lösungssuche
  • gemeinsame Suche nach Lösungen
  • Die Person, die den Fehler gemacht hat, wird einbezogen und lernt, dass Fehler keinen Weltuntergang bedeutet
  • Prozesse werden hinterfragt
  • Positive Ergebnisse werden gefeiert
  • Die Person, die den Fehler gemacht hat, muss allein eine Lösung finden oder ihr wird die Aufgabe entrissen
  • Prozesse werden nicht infrage gestellt, die Person wird als Ursache für Fehler angesehen
  • Ausbaden des Fehlers als Bestrafung
Konsequenz
  • Lerneffekt und kollektive Verbesserung, da viele Köpfe an einer Lösung arbeiten
  • Kein Lerneffekt, der helfen würde, Probleme zu lösen und Fehler künftig zu vermeiden
Folgen für das Unternehmensklima
  • Stärkeres Team-Gefühl
  • Fehler werden als Teil des Arbeitsprozesses angesehen und geteilt
  • Mitarbeitende haben keine Angst, Fehler zu machen
  • Mitarbeitende sprechen offen über Ideen und machen Vorschläge
  • Personen lernen, dass es nicht gut ist, Fehler zu machen
  • Fehler werden versteckt
  • In großen Runden halten sich Menschen mit Vorschlägen und Ideen zurück, aus Angst, etwas falsch zu machen
  • Mitarbeitende fühlen sich unsicher und weniger wohl
Ergebnis: Positive Auswirkung aufs Betriebsklima Negative Auswirkung aufs Betriebsklima

Exkurs: Wie machen andere Kulturen Fehler?


Die deutsche Fehlerkultur wird vor allem als sehr negativ angesehen. Wir dulden keine Fehler und wollen immer alles perfekt machen. Ein ungesunder Umgang. Auch der klassisch amerikanische Führungsstil wird mit der sogenannten “Blame Culture” assoziiert – einer Kultur, in der die Führungskraft ihre Mitarbeitenden für Fehler regelrecht zusammenstaucht.


Dabei hat eine Studie von Dr. Michael Frese und der Leuphana Universität Lüneburg 2019 ein ganz anderes Bild der Vereinigten Staaten gezeigt: Hier sind Fehler ausdrücklich erwünscht und werden regelrecht gefeiert. Insgesamt schnitten die Deutschen in der Studie schlecht ab: Von 61 untersuchten Ländern landeten wir auf dem vorletzten Platz. Wir können also von anderen Kulturen noch eine Menge lernen.

Wie etablierst du eine offene Fehlerkultur?


Ein gelebtes positives Fehlermanagement ist der Traum vieler Unternehmen – sie zu etablieren erfordert allerdings eine Menge Arbeit. Zudem ist es ein Prozess, der Zeit in Anspruch nimmt. Schließlich muss eine Kultur immer wachsen und kann dem Team nicht einfach aufgezwungen werden. Der Weg ist lang, aber er lohnt sich.


Wo fängst du an? Am besten bei dir selbst. Hinterfrage, wie du mit Fehlern umgehst – mit deinen eigenen und den Fehlern deiner Mitarbeitenden. Schreibe nieder, was dir zu deinem Umgang einfällt. Das geht am besten mit konkreten Beispielen. Erledigt? Sehr gut. Dann überlege dir jetzt, was aus deiner Sicht schon gut läuft und was du verbessern wollen würdest.


Im nächsten Schritt beziehst du das Team ein – beispielsweise in Form eines Workshops. Gib dir und dem Team Zeit, um ausführlich darüber zu sprechen, welches Fehlermanagement ihr bisher an den Tag gelegt habt und wie ihr es verbessern könnt. Erarbeitet dann gemeinsam Strategien und Zeitpläne, um die neue Fehlerkultur im Unternehmen zu etablieren.

10 Menschen sitzen an einem Tisch mit Papier und Laptops und unterhalten sich angeregt mit einander.

Eine einmalige Aktion reicht aber natürlich nicht aus: Setzt euch in regelmäßigen Abständen zusammen und evaluiert, wie gut die neue Fehlerkultur Einzug in euren Alltag gefunden hat. Regelmäßige Workshops und Schulungen sollten mindestens für Führungskräfte stattfinden.


Alle Schritte im Überblick:


  1. Hinterfrage, wie du selbst mit Fehlern umgehst.
  2. Definiere, was du verbessern kannst.
  3. Besprich die aktuelle Fehlerkultur mit deinem Team in einem Workshop.
  4. Definiert eine neue Fehlerkultur, die ihr etablieren möchtet.
  5. Plant Maßnahmen und setzt diese um.
  6. Evaluiert in regelmäßigen Abständen, ob die Maßnahmen greifen und alle die Idee verinnerlicht haben.
  7. Veranstaltet regelmäßig Workshops oder Schulungen, um die Fehlerkultur zu erhalten und weiterzuentwickeln.
  8. Feiert den gemeinsamen Erfolg.


Übrigens: Du kannst für einen entsprechenden Workshop auch externe Expertise ins Haus holen, die euch beim Finden und Etablieren der Fehlerkultur zur Seite steht.


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Wie lange dauert es, eine positive Fehlerkultur in Unternehmen zu etablieren?


Einen klaren Zeitraum zu benennen, ist schwierig. Grundsätzlich lässt sich sagen: Je größer das Unternehmen, desto länger dauert es, bis wirklich alle die neue Kultur verinnerlicht haben. Wichtig ist vor allem, dass du sie als Führungskraft vorlebst. Sprich offen über deine Fehler und halte Mitarbeitende an, deinem Beispiel zu folgen. Das vermittelt deinen Mitarbeitenden, dass es in Ordnung ist, wenn mal etwas falsch läuft.  


Dass es einige Zeit dauert, die Fehlerkultur zu etablieren, mag dir jetzt erstmal wie ein Nachteil erscheinen. Tatsächlich ist es aber ein Prozess, der dein Team mehr zusammenschweißt und an dem alle gemeinsam wachsen können.

Was sind die Säulen einer positiven Fehlerkultur?


Möchtest du, dass alle in deinem Unternehmen positiv mit Fehlern umgehen, dann braucht es dafür einige Grundlagen. Ganz wichtig ist gegenseitiges Vertrauen. Nur wenn die Teammitglieder einander vertrauen, können sie gemeinsam an Lösungen arbeiten und aus Fehlern lernen.


Herrscht Vertrauen im Team, sind Mitarbeitende auch bereit, Verantwortung für ihre Fehler und die Lösung zu übernehmen. Sie zeigen mehr Eigeninitiative und probieren mehr aus, da sie keine Angst mehr haben, zu scheitern.


Wichtig dafür ist auch wohlwollende Kommunikation. Jedes Teammitglied sollte davon ausgehen, dass die anderen ihm oder ihr nichts Böses wollen und Feedback dazu dient, zu wachsen. Ebenso sollte jede Person in der eigenen Kommunikation darauf achten, auf sachlicher Ebene Feedback zu geben.


Ziel des Feedbacks sollte es immer sein, Möglichkeiten zur Verbesserung aufzuzeigen – ohne dabei zu vermitteln, dass die andere Person nicht gut genug ist.


Teamgefüge und Zusammenarbeit werden durch diese Art der Kommunikation gefördert und stellen eine weitere Grundlage für eine positive Fehlerkultur dar. Denn nur wenn das Team funktioniert und gut zusammenarbeiten kann, kann es offen über Fehler sprechen.


Zu guter Letzt ist es die Lernbereitschaft, die bei allen vorhanden sein sollte. Niemand hat ausgelernt, alle können von dem Wissen der anderen profitieren. Hilf deinem Team dabei, neugierig und lernwillig zu bleiben.


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Fehler feiern: Drei Ideen für einen positiven Umgang


Fehler und Lösungen präsentieren: Erfolgreich scheitern ist keine Kunst. Die Frage ist nur, was ihr daraus macht – wie wäre es zum Beispiel mit einer eigenen Fuckup-Night? Weltweit nutzen Unternehmen, Hochschulen und Organisationen dieses Format, um Fehler miteinander zu teilen. Dabei sprechen sie nicht nur darüber, was falsch lief, sondern auch, was die Beteiligten daraus gelernt haben.


Neue Projekte entwickeln: Wenn es um neue Erkenntnisse geht, liegt die Frage nahe, wie ihr von einem Fehler profitieren könnt. Das geht z. B., indem ihr aus dem, was falsch lief, neue Projekte oder Innovationen entwickelt.


Fehler und Erkenntnisse digital teilen: Ihr habt einen internen Blog oder Newsletter? Dann teilt dort die Fehler, die in letzter Zeit passiert sind und erklärt, wie ihr zu einer Lösung gekommen seid. Führt den „Failure of the month” ein oder lasst Mitarbeitende ein eigenes Format entwickeln.

Gut zu wissen: Das ist der Unterschied zwischen Fehlerkultur und Unternehmenskultur


Die Fehlerkultur ist ein wichtiges Element für die Zusammenarbeit in deinem Unternehmen. Sie ist damit auch ein Teil der Unternehmenskultur. Diese umfasst jedoch noch zahlreiche andere Punkte, wie z. B. das Compliance-Management, den Code of Conduct, Wertschätzung der Leistung und den Umgang des Managements mit den Mitarbeitenden.


Tatsächlich hat eine positive oder negative Fehlerkultur jedoch einen großen Einfluss auf viele Bereiche – gerade die, die den Umgang miteinander betreffen.

Die Studienlage: So beeinflusst die Fehlerkultur in Unternehmen die Mitarbeitenden


Wer denkt, dass eine positive Fehlerkultur im eigenen Unternehmen nicht so wichtig ist, irrt leider gewaltig. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass ein schlechter Umgang mit Verfehlungen dafür sorgt, dass Mitarbeitende weniger kreativ sind und weniger Ideen einbringen. Eine Studie der Universität Wien hat sogar gezeigt, dass Mitarbeitende, die immer wieder negatives Feedback bekommen, unter mehr Stress, Leistungsdruck und Perfektionismus leiden.


Die oben bereits erwähnte Studie von Dr. Michael Frese zeigt nicht nur die Unterschiede in den Kulturen, sondern belegt auch, dass Unternehmen mit einer hoch entwickelten Fehlerkultur profitabler und innovativer arbeiten als andere. Das liegt vor allem daran, dass Mitarbeitende sich nicht scheuen, Fehler schnell offenzulegen und Lösungen zu suchen.

Zwei Frauen unterhalten sich miteinander. Eine der Frauen hört aufmerksam zu und hat ihre Hand am Kinn.

Eine Studie von Ernst & Young und der Hochschule Hamm-Lippstadt aus dem Jahr 2023 zeigt, dass nur 50 Prozent der Angestellten die Diskussions- und Fehlerkultur in ihrem Unternehmen als offen und positiv empfinden. Bei den Führungskräften waren es immerhin 60 Prozent – doch Luft nach oben ist hier allemal.


Im Rahmen des Fehlerkultur-Reports wurden 200 Führungskräfte und 800 Mitarbeitende aus den Bereichen Transport, Logistik, Maschinenbau, Finanzen und Automobil befragt. Auffällig ist dabei der Unterschied zwischen den Branchen: Aus dem Bereich Fertigung gaben 55 Prozent der Mitarbeitenden an, dass sie Fehler gar nicht oder nur teilweise zugeben.


Fehlerkultur Unternehmen: So geht der Mittelstand damit um


Welche Auswirkungen eine positive Fehlerkultur auf ein Unternehmen hat, zeigt sich beim IT-Dienstleister DataCiders. Das Unternehmen teilt auf seiner Webseite ein Interview mit dem Leiter des Teams Energy & Utilities, in dem er die wichtigsten Pfeiler positiver Fehlerkultur benennt: Offenheit, Toleranz und Vertrauen.


Der Hersteller technischer Textilien Delcotex Delius Techtex aus Bielefeld weiß, dass Fehler menschlich sind. Das Unternehmen fördert durch Fehlermöglichkeits- und Einflussanalysen die eigene Fehlerkultur und minimiert gleichzeitig Fehlerquellen in der Produktion.


Ein weiteres gutes Beispiel kommt aus dem bayerischen Teisnach: Die Frage danach, wer einen Fehler gemacht hat, spielt bei der Leiterplattenfertigung Rohde & Schwarz keine Rolle. Stattdessen wird die Ursache des Fehlers gesucht und gemeinsam ein Weg gefunden, ihn künftig zu verhindern.

Fehlerkultur als Teil agiler Führung


Unter dem Schlagwort agile Führung hat sich ein Führungsstil entwickelt, der darauf abzielt, Mitarbeitende stärker einzubeziehen, mit ihnen auf Augenhöhe zu kommunizieren und Verantwortung abzugeben. Veränderungen sollen von der Belegschaft aktiv mitgestaltet werden können.


Eine Fehlerkultur, die es Mitarbeitenden ermöglicht, sich frei zu äußern und Ideen einzubringen, ist ein wichtiger Bestandteil agiler Führung.

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