Interview: Bewertungen im Netz – Was erlaubt ist und was nicht

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Männerhände, die auf ein Smartphone und Dokumente auf den Tisch zeigen. Daneben sieht man eine Rechtswaage.

 "Dürfen die das?!" – Was KMU über Bewertungen, Google-Richtlinien und das Löschen von Rezensionen wissen sollten

Ein Interview mit Franziska Ortner, Expertin für Online-Bewertungen bei SELLWERK

 

Franziska, du beschäftigst dich seit Jahren mit Online-Bewertungen. Warum ist dieses Thema für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) so wichtig?

Weil Bewertungen heute über Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens entscheiden können. Kunden googeln vor dem Kauf, prüfen, wie ein Unternehmen bewertet ist, und vergleichen. Ein 4,9-Sterne-Bäcker zieht mehr Laufkundschaft an als der mit 3,2 Sternen nebenan – selbst wenn er eigentlich bessere Brötchen hat. Es geht um Sichtbarkeit, Vertrauen und letztlich um Umsatz.

Gibt es klare Spielregeln, was bei Bewertungen erlaubt ist – und was nicht?


Ja, und das ist ganz wichtig! Google hat da ganz klare Richtlinien für Rezensionen. Beispielsweise ist es nicht erlaubt, Bewertungen zu kaufen, also etwa für 5 Euro auf einer Plattform fünf Sterne zu bekommen. Auch Bewertungen von Personen, die keine echte Kundenerfahrung gemacht haben, sind problematisch. Außerdem untersagt Google Rezensionen, die beleidigend, diffamierend oder rassistisch sind – was aber im Einzelfall oft diskutiert wird.

Und wie ist das mit dem Löschen von Bewertungen? Viele Unternehmer fühlen sich unfair bewertet und fragen sich, ob man da etwas machen kann.


Das Thema begegnet mir ständig. Ich bin zwar keine Juristin und darf keine Rechtsberatung geben, aber ich teile gern, was ich aus meiner Erfahrung weiß – und die zeigt: Nicht jede negative Bewertung ist automatisch rechtswidrig. Aber wenn eine Bewertung unwahre Tatsachen enthältbeleidigend ist oder von jemandem stammt, der nie Kunde war, dann kann man die Löschung beantragen – entweder direkt bei Google oder sogar rechtlich gegen den Verfasser vorgehen.

Ein bekanntes Urteil ist z. B. das des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Az. 16 U 9/20). Dort wurde entschieden, dass Google verpflichtet ist, Nachweise über den Kundenkontakt einzufordern, wenn der bewertete Unternehmer das anzweifelt. Das stärkt KMU enorm – denn wer keine Leistung erhalten hat, darf in der Regel auch nicht bewerten.

Eine Frau sitzt verärgert an ihrem Laptop

Wofür ist es so wichtig, dass es klare Regeln gibt?


Bewertungen sind heute ein echter Wirtschaftsfaktor. Wenn der Wettbewerb sich mit gekauften oder erfundenen Bewertungen einen Vorteil verschafft, ist das nicht nur unfair – es schadet auch dem Vertrauen in das gesamte System. Klare Regeln helfen, ein Stück Wahrheit im Netz zu bewahren und Unternehmen davor zu schützen, durch anonyme, falsche Rezensionen in die Knie gezwungen zu werden.

Was rätst du Unternehmern, die sich gerade unfair bewertet fühlen?


Erstens:
Ruhe bewahren. Nicht direkt in Rage antworten. Zweitens: Prüfen, ob die Bewertung gegen die Google-Richtlinien verstößt – dann kann man eine Löschung beantragen. Drittens: Möglichst viele positive, echte Bewertungen sammeln – sie relativieren die negativen und zeigen: Dieses Unternehmen wird geliebt. Und falls das Thema zu nervenaufreibend ist – wir helfen da auch gern.

Interviewer:


 Danke, Franziska, für die Einordnung des Themas.


Sehr gerne! Und noch einmal ganz deutlich: Ich bin
keine Rechtsanwältin, sondern teile hier lediglich mein Wissen und meine Praxiserfahrungen. Wer eine rechtlich belastbare Einschätzung braucht, sollte sich in jedem Fall an eine Anwaltskanzlei wenden.


Relevante Urteile zum Thema Bewertungen

OLG Frankfurt am Main, Az. 16 U 9/20

Google muss auf Verlangen des Unternehmers prüfen, ob ein Bewertungskonto tatsächlich Kunde war. Wird das nicht nachgewiesen, muss die Bewertung gelöscht werden.

LG Hamburg, Az. 324 O 146/19

Bewertungen müssen auf einer tatsächlichen Leistung basieren. Reine Meinungsäußerungen ohne Kundenkontakt sind nicht zulässig.

BGH, Urteil vom 01.03.2016 – VI ZR 34/15

Auch negative Bewertungen sind von der Meinungsfreiheit gedeckt – solange sie keine falschen Tatsachenbehauptungen enthalten oder beleidigend sind.

LG Augsburg, Az. 022 O 560/18

Ein Zahnarzt bekam Recht: Eine anonyme Bewertung mit unwahren Behauptungen musste gelöscht werden. Das Gericht betonte die Pflicht zur Prüfung durch Google.

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